Minister Falah Mustafa Bakir beschreibt in einem Interview mit der Invest in Group die außenpolitischen Ziele und Prioritäten der Region Kurdistan für 2015 und die Stärkung der Beziehungen zur EU und den Vereinigten Staaten.
Angesichts jüngster regionaler Entwicklungen: Was würden Sie sagen, sind die wesentlichen Eckpunkte der kurdischen Außenpolitik? Und was sind Ihre Prioritäten für 2015?
Aufgrund der derzeitigen Umstände ist es unser Hauptziel, Informationen aus der Region Kurdistan betreffend der andauernden politischen, humanitären und sicherheitstechnischen Herausforderungen, mit denen wir hier in Kurdistan konfrontiert sind, an die internationale Gemeinschaft zu kommunizieren. Seit dem Beginn der Angriffe der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) gegen den Irak und gegen Kurdistan haben wir regelmäßig unsere Freunde in der internationalen Gemeinschaft davor gewarnt, dass IS nicht nur eine Gefahr für die Region Kurdistan, den Irak und den gesamten Nahen Osten darstellt, sondern auch eine direkte Bedrohung für internationalen Frieden und Sicherheit. Wir glauben, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die moralische und rechtliche Verpflichtung hat, gemäß Kapitel VII der Charter der Vereinten Nationen, internationalen Frieden und Sicherheit aufrecht zu erhalten, indem IS konfrontiert wird.
Wir haben zwei außenpolitischen Prioritäten für 2015: Erstens bedarf es konzertierter Bemühungen und anhaltendem Engagement der internationalen Gemeinschaft im Kampf gegen IS, um Frieden und Stabilität wiederherzustellen und um Extremisten in der Region zurückzudrängen. Dies können wir durch eine engere Kooperation mit der NATO und anderen internationalen Koalitionen gegen IS bewirken. Die KRG wird enger mit UN-Organisationen und der internationalen Gemeinschaft zusammenarbeiten um Flüchtlingen, die Zuflucht in der Region Kurdistan gefunden haben, zu helfen und um deren Regionen wiederaufzubauen. Eine weitere wichtige Aufgabe im Zusammenhang mit dem Kampf gegen IS ist es, deren Verbrechen gegen unterschiedliche ethnische und religiöse Minderheiten international als Genozid anzuerkennen.
Zweitens werden wir, im Rahmen der irakischen Verfassung, mit unserer Außenpolitik der offenen Tür fortfahren und versuchen, unsere Verbindungen mit Ländern auf der ganzen Welt durch die Aufnahme bilateraler Beziehungen zu erweitern. Es ist unser Ziel, mehr Länder dazu zu bringen, diplomatische Vertretungen in Kurdistan zu errichten und die internationale Präsenz der KRG durch die Eröffnung neuer Repräsentanzen im Ausland auszubauen.
Die KRG will ihre Beziehungen zur Europäischen Union stärken. Wir sind außerdem daran interessiert, institutionelle Beziehungen mit der Arabischen Liga zu etablieren. Wir sind fest entschlossen, mehr Brücken zur der internationalen Gemeinschaft zu bauen um weiterhin die wirtschaftlichen und politischen Errungenschaften der Region Kurdistan zu fördern.
In ihrem Kampf gegen den Terrorismus erhielt die KRG enorme Unterstützung von den Vereinigten Staaten und Ländern der EU. Was bedeutet dies von einem außenpolitischen Standpunkt aus?
Wir begrüßen die von den USA geleitete Koalition gegen IS und sind stolz, dass wir eine führende Kraft in dieser Koalition sind. Wir werden von der internationalen Gemeinschaft aufgrund der Werte für die wir stehen unterstützt, etwa für unseren Respekt vor Menschenrechten und den Rechten religiöser Minderheiten. Wir sind stolz, dass wir hier in Kurdistan eine Kultur der Demokratie, friedlichen Koexistenz und religiösen und ethnischen Toleranz entwickelt haben. Diese Werte sind tief in unserer Kultur verwurzelt und wir sind entschlossen sie zu bewahren und zu verteidigen. Die Unterstützung ist ein klares Zeichen, dass Mitglieder der internationalen Gemeinschaft miteinander kooperieren müssen, um eine sicherere und stabilere Welt zu garantieren. Sie zeigt, dass die Region Kurdistan nicht alleingelassen wurde und dass wir verlässliche Partner in der internationalen Gemeinschaft haben.
Die Unterstützung hat den internationalen Ruf der Region Kurdistan und seiner Peshmerga-Truppen enorm erhöht. Unsere Peshmerga kämpfen im Namen der freien und zivilisierten Welt gegen eine internationale Terrororganisation, die ihre Mitglieder aus aller Herren Länder bezieht. Die Peshmerga haben bewiesen, dass sie verlässliche Partner direkt vor Ort sind und dass sie das Können besitzen, IS zu bekämpfen und zu besiegen. Kurdistan ist nun ein essentieller Teil der internationalen Koalition gegen IS.
Wie beabsichtigt das kurdische Außenministerium (DFR) seine Kooperationen mit der EU zu erweitern?
Wir stufen die Erweiterung und Verbesserung der Beziehungen mit der EU als extrem wichtig ein. Die KRG-Repräsentanz bei der EU wurde 2000 in Brüssel eröffnet. Die Hauptaufgabe der Vertretung war es, die politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen zwischen der Region Kurdistan und den Institutionen der Europäischen Union aufrechtzuerhalten und zu verstärken. Unsere Verbindungen zur EU verbessern sich ständig. Nach den IS-Angriffen im Irak hat die EU der humanitären Situation und Sicherheitslage in der Region Kurdistan besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Im Juni eröffnete ECHO, die Generaldirektion für Humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz der Europäischen Kommission, ein Büro in Erbil. Im August beschlossen die EU-Außenminister im Rahmen des Rates der Europäischen Union humanitäre Hilfe an die Region Kurdistan zu senden und außerdem, dass Mitgliedsstaaten Waffen an kurdische Peshmerga-Truppen entsenden dürfen. Des Weiteren verlangten die Minister der EU-Mitgliedsstaaten während des Treffens vom Europäischen Auswärtigen Dienst (Außenministerium der EU), die Vertretung der EU in Erbil auszubauen.
Die Diversifizierung der Wirtschaft Kurdistans gewinnt immer mehr an Fahrt. Was kann das DFR tun um ausländische Direktinvestitionen (FDIs) zu fördern und die wirtschaftliche Entwicklung der Region zu unterstützen?
Während der Rest des Irak in den vergangenen Jahren ein hohes Niveau an Gewalt und Terrorismus erfahren musste, vor allem seit den IS Angriffen auf den Irak, blieb es in der Region Kurdistan friedlich und stabil. Kurdische Peshmerga-Truppen waren erfolgreich im Abwehren der IS-Angriffe gegen die Region Kurdistan. Das hohe wirtschaftliche Potenzial der Region Kurdistan, sowie seine stabile Sicherheitslage machen es zu einem sicheren Hafen für internationale Investoren.
Das Außenministerium arbeitet weiterhin hart daran, internationale Unternehmen zu unterstützen. Wir helfen ihnen dabei, mit den verschiedenen Institutionen der Regionalregierung zu kommunizieren, machen ihnen die für ihre Vorhaben notwendigen Ressourcen zugänglich und fördern regionale und internationale Konferenzen und Events, die Unternehmen und Investoren ermutigen sollen in der Region Kurdistan zu investieren.