Am 3. August 2014 begann der IS mit der systematischen Zerstörung des Distrikts Sinjar im Nordirak. Bis heute ist dies der brutalste Angriff der Terrorgruppe. Nicht nur wegen der unfassbaren Zerstörung, sondern vor allem, weil sie auf die Vernichtung der Jesiden, einer religiösen Minderheit in der Region, abzielte. Der Distrikt Sinjar gilt als das am stärksten betroffene Gebiet, da es systematisch vom IS zerstört wurde. Weitere Zerstörungen wurden durch die zweijährigen Kämpfe zwischen den Peschmerga-Truppen und der ISIS-Terrorgruppe verursacht. Ungefähr 16.000 zivile Häuser wurden irreparabel zerstört und müssen wieder aufgebaut werden. Die Vermögenswerte und Lebensgrundlagen der Familien in den Vorstadtgebieten wurden geplündert und einige landwirtschaftliche Geräte zerstört.
Die Folgen dieses brutalen Angriffs waren auf kurze und lange Sicht äußerst hart für die Jesiden und für alle Menschen, die in Sinjar lebten. Das Massaker hat die Vertreibung von etwa 360.000 Menschen aus dem Distrikt verursacht. Jesiden, Araber, Christen und andere Minderheiten mussten auf den Sinjar-Berg und in die Region Kurdistan-Irak fliehen. Die Zahl der ermordeten jesidischen Zivilisten beträgt 1.293.
Trotz der Niederlage des IS sind die von der Terrorgruppe verbreiteten Schmerzen noch nicht vorbei. ISIS eroberte und versklavte 6.417 jesidische Zivilisten (3.547 Frauen und 2.870 Männer). Frauen wurden verkauft oder als Sexsklaven an IS-Führer und Kämpfer verschenkt. Die Anzahl der geretteten Jesiden in Gefangenschaft beträgt 3.300 (davon: 1.150 Frauen, 337 Männer, 946 Mädchen und 867 Jungen). Noch immer befinden sich 3.117 (1.452 weibliche und 1665 männliche) Menschen unter der Versklavung des IS; ihr Schicksal ist leider immer noch unbekannt. Sinjar erlitt infolge von schweren Kämpfen und Luftangriffen für 15 Monate eine fast völlige Zerstörung der Infrastruktur. Die Stadt Sinjar wurde am Härtesten getroffen.
Die furchtbaren Bedingungen verhindern, dass die Opfer zuversichtlich in ihre Häuser zurückkehren können: Häuser wurden zerstört und das Gebiet ist aufgrund von Sprengstoffen, Minen und Sprengfallen nicht sicher. Aufgrund dieser Unsicherheiten zögern die Familien nach Sinjar zurückzukehren. Die aktuellen Statistiken zeigen, dass die Gesamtzahl der jesidischen Binnenvertriebenen in der Region Kurdistan 2018, 153 908 Personen in den Refugee-Camps und 100 577 Personen außerhalb der Refugee-Camps beträgt.
Der Angriff auf Sinjar bedeute nicht nur materielle Zerstörung: Der IS demonstrierte seine ultimative Grausamkeit in der Behandlung von Frauen und Mädchen. Für jede Frau war die Invasion des IS eine persönliche Tragödie mit irreparablen physischen und psychischen Wunden. Aus diesem Grund muss die Perspektive von Frauen und Mädchen mit Aufmerksamkeit betrachtet werden, wenn man beim Wiederaufbau von Sinjar und der Rückkehr der Vertriebenen in die Zukunft blickt. Jesidische Frauen und Mädchen brauchen Hilfe, sodass ihre ganz spezifischen Bedürfnisse erfüllt werden, um eine wichtige positive Rolle bei der Rehabilitation ihrer Familien und des gesamten Distrikts zu spielen. Von besonderer Bedeutung ist die Entwicklung und Wiedereinführung der Gesundheitsversorgung, Bildung, Wasser- und Sanitärversorgung, aber auch Rechtsstaatlichkeit und Sicherheit, um sicherzustellen, dass eine „sichere und würdevolle“ Rückkehr für Binnenvertriebene und ganz besonders für Frauen und Mädchen ermöglicht werden kann.
Sinjar Distrikt benötigt in den nächsten Jahren umfangreiche finanzielle und technische Hilfe, um seinen Wiederaufbau zu ermöglichen, insbesondere bei der Schaffung tragfähiger Lösungen für eine nachhaltige Rückkehr und langfristigen Frieden. Dies würde nach einer Schätzung in etwa 458.433.854 USD erfordern, um die Ziele in den relevanten Sektoren zu erreichen. Internationale Akteure werden auf diese Weise aufgefordert, zu helfen und zu investieren, um tausenden Binnenvertriebenen, deren Leben der IS zerstört hat, zu helfen.
Dieses Verbrechen darf nicht vergessen werden: Aus diesem Grund setzt sich die KRG und PM Nechirvan Barzani weiterhin für die Unterstützung der Opfer des IS ein und fordert die internationale Gemeinschaft sowie das irakische Parlament auf, das Sinjar-Massaker als Genozid anzuerkennen.
Aktuelle Informationen, die in diesem Artikel verwendet werden, wurden vom KRG Innenministerium – Joint Crisis Coordination Centre und mit Hilfe der KRG Abteilung für auswärtige Beziehungen zusammengestellt. Erfahren Sie mehr hier: JCC Report, PM Barzanis Stellungnahme.